Was hat das Klavierspielen mit dem Rosenkranzgebet zu tun?
Bevor Sie weiterlesen nehmen Sie sich bitte einen Moment Zeit und versuchen Sie folgende Übung einmal durchzuführen: „Die linke Hand kreist vor dem Bauch, die rechte tippt leicht federnd auf Ihren Kopf. Konzentrieren Sie sich darauf, dass die Hand auf dem Kopf nicht kreisend tippt, sondern sich nur nach oben und unten bewegt. Nach einigen Runden Seiten tauschen.“ (Quelle: www.apotheken-umschau.de)
Dem Ungeübten ist diese Übung wahrscheinlich nicht sofort gelungen! – aber es heißt ja auch so schön: „Übung macht den Meister“ und Sie werden entdecken, dass es von Mal zu Mal besser geht.
Können Sie Klavier spielen? Nein! Aber vielleicht wissen Sie, dass man bei dem Klavierspielen mit der linken Hand die Begleitung – die Harmonie, gleichmäßig und untermalend – und mit der rechten Hand die führende Stimme, die Melodie spielt. Melodie ohne Begleitung hört sich einigermaßen an – wenn auch etwas fehlt –, hört man aber nur die Begleitung – da fällt es schon schwer lange zuzuhören und überhaupt das Lied zu erraten.
Also zur Sache: Was hat das Rosenkranzgebet mit dem Klavierspielen zu tun?
Wie das zweihändige Klavierspiel gerade dem Anfänger Schwierigkeiten bereitet, so ist es auch mit dem Rosenkranzgebet. Um beides zu lernen, braucht es viel Übung und Geduld. Man muss das Gebet des Rosenkranzes richtig lernen!
Beim Rosenkranzgebet wird ein Hilfsmittel gebraucht, eine Schnur bzw. Kette mit Perlen. Diesen Rosenkranz nehme ich zur Hand – ich bin bei diesem Gebet also auch körperlich tätig – und zähle mit den Perlen die Anzahl der mündlichen Gebete.
Ein langweiliges Gebet?
Vor allem beten wir beim Rosenkranzgebet zwei Grundgebete unseres Glaubens: das Vaterunser und das „Gegrüßet seist du Maria“ („Ave Maria“). Diese Gebete gut zu können ist die erste Voraussetzung. Aber sie bilden nur die Begleitung und sind für sich genommen, beim Rosenkranz, durch das ständige wiederholen ein und desselben Textes, langweilig und monoton. Deshalb können so manche dem Gebet das Rosenkranzes nichts abgewinnen, weil äußerlich nur die Begleitung, die Harmonie zu hören ist – dass sich immer wiederholende Schema. Die Melodie – das Eigentliche – bleibt verborgen. Natürlich „klingt“ das merkwürdig, wenn immer wieder die gleichen drei oder vier Noten, die von der linken Hand gespielt werden, zu hören sind, ohne dass die Melodie hörbar wird. So haben viele ihr Urteil gefällt: „Der Rosenkranz ist langweilig, unsinnig, leierhaft.“
„Bei einer oberflächlichen Betrachtung dieser Wiederholungen könnte man versucht sein, das Rosenkranzgebet als eine trockene und langweilige Frömmigkeitsform anzusehen. Zu einer ganz anderen Einschätzung hingegen gelangen wir, wenn wir dieses Gebet als Ausdruck einer Liebe betrachten, die nicht müde wird, sich der geliebten Person zuzuwenden.“(Johannes Paul II.; Apostolisches Schreiben „Rosarium Virginis Mariae“ RVM 26)
Mit den Augen Mariens die Geheimnisse Jesu betrachten
Im Inneren nämlich, den Gedanken und dem Herz, dort spielt die wahre Musik des Rosenkranzes. Der Begleitung, das äußerlichen Wiederholen des Vaterunsers und des „Gegrüßet seist du Maria“, muss die Melodie hinzukommen. Die mündlichen Gebete bilden den Rahmen für die Meditation / Betrachtung der verschiedenen Geheimnisse des Rosenkranzes, die wir auch Gesätze nennen. An der Hand Mariens versetze ich mich mit meinen Gedanken in die Schau der biblischen Szene, die in dem Geheimnis benannt wird. Wir schauen sozusagen mit den Augen Mariens die Situationen des Lebens Jesu.
„Wenn wir den Rosenkranz beten, leiht uns Maria ihr Herz und ihre Augen, um das Leben ihres Sohnes, Christus Jesus, zu betrachten. … Wie bei allen Geschehnissen im Leben Christi, die sie in ihrem Herzen bewahrte und überdachte (vgl. Lk 2,19), läßt Maria uns alle Etappen seines öffentlichen Wirkens als einen Teil der Offenbarung der Herrlichkeit Gottes begreifen.“ (Papst Benedikt XVI. am 14. September 2008 in Lourdes)
Wer im Rosenkranzgebet das Leben Jesu betrachtet, landet immer wieder bei seinem eigenen Leben. Das ist gut so, denn: so finde ich mein eigenes Leben im Leben Jesu wieder und Jesus finde ich in meinem Leben.
Mit Maria bei Jesus verweilen
So führt das Gebet des Rosenkranzes tiefer in das Gebet hinein. Es führt vom mündlichen Gebet über das betrachtende Beten hin zum kontemplativen Verweilen vor Gott, das wir auch Herzensgebet oder „Inneres Gebet“ nennen.
Der Rosenkranz trägt also den Charakter des Weilens – „das «Weilen im Gebet»; den stehenden Akt; jenes, wozu der Mensch des inneren Lebens sich anschickt, wenn es von ihm heißt, dass er «sich ins Gebet begebe». Auch das ist nötig. Da «steht» das Innere in der Haltung des Gebetes. Es vertieft sich hinein, dringt zu Gott, lebt vor ihm. Diesen Akt aus dem Eigenen heraus lebendig zu halten, ist aber schwer. So gibt es geprägte Weisen des Gebetes, die dazu helfen. Zu ihnen gehört der Rosenkranz … Der Rosenkranz ist ein Gefüge … das recht vollzogen, jenen dauernden Akt des inneren Gebetes wachhält.“ (Romano Guardini; „In Spiegel und Gleichnis“)
So hilft uns der Rosenkranz in eine ganz tiefe bzw. eine hohe Form des Gebetes zu finden, wo das Gebet „nur noch“ ein SEIN in Gott ist.
„Der Rosenkranz ist ein kontemplatives Gebet, das allen zugänglich ist: Großen und Kleinen, Laien und Klerikern, Menschen mit gehobener und anderen mit geringer Bildung. Er ist ein geistliches Band mit Maria, um mit Jesus vereint zu bleiben, um ihm ähnlich zu werden, sich seine Empfindungen zu eigen zu machen und sich so zu verhalten, wie er sich verhalten hat. Der Rosenkranz ist eine geistliche «Waffe» im Kampf gegen das Böse, gegen jede Gewalt, für den Frieden in den Herzen, in den Familien, in der Gesellschaft und in der Welt.“ (Papst Benedikt XVI. am 19. Oktober 2008 im Rosenkranz-Heiligtum in Pompeji)
Der Rosenkranz und der Friede
„Seiner Natur nach ist der Rosenkranz auf den Frieden ausgerichtet. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass dieses Gebet in der Betrachtung Christi des Fürsten des Friedens besteht, der «unser Friede» ist (Eph 2,14). Wer das Christusgeheimnis verinnerlicht – und genau darauf zielt der Rosenkranz ab –, eignet sich das Geheimnis des Friedens an und macht es zu seinem Lebensentwurf.“ (RVM 40)
1. Durch seinen meditativen Charakter, in der ruhigen Abfolge der Gebete, übt das Rosenkranzgebet „auf den Beter selbst einen friedensstiftenden Einfluss aus“ (RVM 40).
2. Der Rosenkranz weist, „indem er die Begegnung mit Christus in seinen Geheimnissen fördert, auf das Antlitz Christi in den Brüdern hin“ (RVM 40). Daraus wachsen „Früchte der Liebe“, weil wir im anderen Menschen Christus sehen und begegnen lernen.
3. Außerdem macht uns der Rosenkranz zu Friedensstiftern, indem er „uns den Blick auf Christus richten lässt… Weil er in besonderer Weise ein inständiges und gemeinsames Bittgebet ist, das im Einklang mit der Aufforderung Christi steht, allezeit zu beten «und darin nicht nachzulassen» (vgl. Lk 18,1), erfüllt er uns mit der Hoffnung auch heute eine so schwierige «Schlacht» wie die des Friedens gewonnen werden kann.“ (RVM 40)
Schließen möchte ich mit den Worten von Papst Johannes Paul II.: „Auf Euch alle schaue ich, Brüder und Schwestern … nehmt aufs Neue den Rosenkranz mit Vertrauen in Eure Hände. Entdeckt den Rosenkranz wieder im Licht der Heiligen Schrift, in Einklang mit der Feier der Liturgie und unter den Umständen des alltäglichen Lebens.“ (RVM 43)